Artist Lab – New audience formations through cross genre queer performances

The “New Audience Formation through Queer Cross-Genre Perfor- mances” lab brings together a diverse group of queer artists from various disciplines, exploring how audience formation might look if institutional and independent spaces were to turn towards queer practices, themes and structures.
How audiences can be diversified and what this change could mean so- cio-politically? The visibility of queer artists in conservative, patriarchal performance venues could bring about a change that could extend to other ar- eas. For example, the LAB has engaged with performance practices that com- bine drag and contemporary dance with classical opera (e.g., Rusalka at

the Stuttgart State Opera or DRAG & DRUM at Ballhaus Ost). It examines how an audience is newly formed there and how an exchange between differ- ent social strata could be promoted. Through speculative workshops, lectures, and by attending a drag show, the artists of the LAB have repeatedly addressed the questions of how queer artistic practices can diversify the audience and break societal norms. The diversity of the group, in particu- lar, stood out as a central element of diversification. In an open studio, the public had the opportunity to attend the discussions.

Conducted in late August 2023 and hosted at Uferstudios: Heizhaus in Berlin.

Facilitated by:
Shlomi Moto Wagner and Heinrich Horwitz with The House of Mazeltov and friends.
With:
Heinrich Horwitz, Frida Giulia Franceschini, Judy LaDivina,
Ariel Nil Levy, Kinga Ötvös, Valerie Renay, Sarah Saviet, Shlomi Moto Wagner, Rosa Wernecke, Tomer Zirkilevich

Guest contributors:
Tunay Altay + The House of Blænk

Photographs: © Dorothea Tuch

Part of “Bundesweite Artist Labs,” an initiative of the Fonds Darstellende Künste. This funding was made pos- sible through the contributions of the Federal Government Commissioner for Culture and Media as a part of the NEUSTART KULTUR program.

In Memory of Doris Bither

Tabori Preis 2023

„Ich bin dafür zuständig, die Welt zu verändern.“ von Christine Wahl
Tabori © Dorothea Tuch

George Tabori Preis 2023 - Rede

“Hallo – ich bin Heinrich Horwitz – wie ja alle jetzt wahrscheinlich wissen, ich wollte den Namen aber nochmal aussprechen, weil heute Internationaler Tage gegen Homo – Bi – Inter und Transfeindlichkeit ist. Und ich für diesen Namen lange gekämpft habe und heute ist ein Tag, an dem ich nochmal Wirklichkeit werde.

Mir wird heute dieser Preis verliehen. Wie auch alle bereits wissen, aber auch das muss ich nochmal aussprechen. Dafür Danke:
Allen voran meinem inner Team, meinen Freund*innen, meiner Wahlfamilie – Rosa Wernecke, Magdalena Emmerig und Annett Hardegen – was für wundervolle Jahre mit Euch. Danke an Jchj V. Dussel für diese Worte aber auch die vielen andere Worte, die Du dieser Welt bereits geschenkt hast.

Dank an die Räume und Gruppen, die Menschen die mir und uns wohl gesonnen begegnen, die nicht nur künstlerische, sondern darin auch politische Arbeit leisten, keine Angst haben, an Systemen zu rütteln, und das mit Freude, Freundlichkeit, Zugewandtheit und Feingefühl tun. Dank an die Vielen, an meine ActOut Siblings, Ja. Und Dank natürlich dem Fonds DaKu, für diese Anerkennung hier, und für die Unterstützung so vieler – nicht nur meiner eigener – diverser, großartiger Projekte in den letzten Jahren, Holger Bergmann, Hallo! Ich denke, ihr seid alle so wichtig, wir, wenn im Zusammenspiel. Danke.

George Tabori war neben vielem anderen (jüdischer) Spielmacher par excellence, das Spiel, die Verwandlung liebend, was ein Vermächtnis, ich fühle mich geehrt in seinem Namen bepreist zu werden. Das Spiel ist

Lebenskonzept, als Wirklichkeit, die Transition, das Befragen.
Was es auch bedeutet, was mich besonders rührt, ist, dass durch mich als Platzhalter*in heute mehr sichtbar wird, als bloß unsere Arbeit, unser Aktivismus.

Sichtbar wird heute die Arbeit vieler Menschen, queerer Stimmen in der Theater Wahlfamilie. Der Preis geht also auch an Vergeschwisterung. Bündnisse. Allianzen. Freund*innen. An Banden schmieden, gegenseitige Unterstützung, Fähigkeiten/Talente teilen, füreinander einstehen, auch über die Projekte hinaus, in liebevollere Räume zu investieren, in pflegliche Beziehungen, uns und damit das Netz stärkend, das unsere Kunst und damit unsere Körper nährt und das in, nunja, turbulenten Zeiten. Ich verstehe diesen Preis und unser aller Arbeit daher als Ansporn zur Zuwendung, als Aufgabe – nicht aufzugeben. Lasst uns weiter gemeinsam verausgaben. Weiterzumachen! WEITERMACHEN!

In diesem Sinne jetzt die schamlose Einladung: Am 16. Juni zeigen wir Flipper unsere neue Arbeit im Ballhaus Ost, und deshalb auch ein riesigen Dank in die Pappelallee an Tina, Anne, Daniel, Björn, Fabian, Gilda und Eure Zauberteam.

Ich wünsche mir, dass alle Spielmacher*innen sein könnten, dass sie ihre probeweise erarbeiteten Ichs auf den Schultern tragen, sich in zart webende Wirs wagen. Mehr heilende Momente teilen, durch die Erfahrung von queerer Familie, die Generationen, die kommen und waren und sind, bereichern.
Dieser Preis gilt allen Siblings, allen Queers und allen Spielmacher*innen… euch, uns, einander”

In Memory of Doris Bither

von Yana Thönnes
Regie: Yana Thönnes
Uraufführung
Studio
26.09.2023

Auf Deutsch und Englisch mit deutschen und englischen Übertiteln

1974, Culver City, Los Angeles: Doris Bither, alleinerziehende Mutter von vier Kindern, berichtet der Polizei, nachts von einer »Invisible Entity« in ihrem eigenen Haus vergewaltigt zu werden. Die Beamten stoßen bei Bither zu Hause tatsächlich auf Unerklärliches wie dem Verrücken von Gegenständen ohne äußere Einwirkung und kalte Stellen – und stufen den Fall als »paranormal activity« ein. Ebenso kontaktiert Bither Mitarbeitende des »Lab for Parapsychology« der UCLA. Es beginnt eine monatelange Untersuchung des Falls, in der etwa 30 Ermittler_innen bei Bither ein und aus gehen.

Der Fall wird nicht gelöst.

Ein Autor nimmt sich der Geschichte an und schreibt einen Bestseller. Er schreibt schließlich auch das Drehbuch zum Horror-Film »The Entity«, der 1983 Premiere feiert. Damit verliert Doris Bither das Copyright ihrer eigenen Geschichte. Während diese noch zu ihren Lebzeiten vermarktet wird, wird Doris selbst bis zu ihrem Tod von der »Invisible Entity« heimgesucht.

Jahrzehnte später versuchen in »In Memory of Doris Bither« ihr Sohn, ihre ehemalige Nachbarin und die Kinderschauspielerin aus »The Entity« die traumatischen Ereignisse zu rekonstruieren. Dabei überlagern sich ihre eigenen Erinnerungen mit den medialen und fiktionalen Darstellungen aus Zeitungsartikeln, Zeugenaussagen, dem Roman und dem Film. Während sich ihr Verstand kaum erinnern kann, beginnen ihre Körper, das Skript der Ereignisse zu wiederholen: Zwischen Geisterbeschwörung, Wiederholungszwang, True Crime und Familienaufstellung begeben sie sich auf die Suche nach den Memoiren von Doris Bither, in der Hoffnung, ihr ihre Geschichte zurückgeben zu können.

Yana Thönnes, geboren 1990, ist Regisseurin, Autorin und Performerin. 2015 gründete sie gemeinsam mit Magdalena Emmerig, Rahel Spöhrer und Belle Santos die Performance-Gruppe THE AGENCY, 2023 stellte sie sich als Regisseurin am Residenztheater München mit ihrer Inszenierung von »Spitzenreiterinnen« von Jovana Reisinger vor. In Yana Thönnes’ erster Inszenierung an der Schaubühne begeben sich Ensemblemitglied Ruth Rosenfeld und die Performer_innen Heinrich Horwitz und Kate Strong auf die Suche nach der Sprache, die Doris Bither zum Erzählen ihrer Geschichte gefehlt hat. Dabei werden sie selbst bespukt von denjenigen Sprachmöglichkeiten, mit denen wir bis heute von Gewalt gegen Frauen, Queers, normdivergente Menschen und Körper erzählen. »In Memory of Doris Bither« will den Geist von Doris Bither beschwören, um dem auf die Spur zu kommen, was sie wirklich heimsuchte.

 

REGIE: Yana Thönnes
BÜHNE UND KOSTÜME: Katharina Pia Schütz
MUSIK: Ville Haimala
DRAMATURGIE: Elisa Leroy / Martín Valdés-Stauber
MIT: Heinrich Horwitz, Ruth Rosenfeld, Kate Strong

DRAG & DRUM

Horwitz|Shapiro|Wagner untersuchen, umschreiben und transformieren jüdische und queere Rituale und lassen zwischen Tanzmusik und zeitgenössischen Sounds einen Klangraum für den Drag der Religion entstehen. Traditionen und Geschichten verorten sie als künstlerische Praxis und schreiben mit der politischen Verantwortung der Marginalisierung als queere, jüdische Künstler:innen an einer Herstory der eigenen Geschichte.

Theatermacher*in Heinrich Horwitz und Drummer Jonathan Shapiro experimentieren seit 2018 in wechselnden Konstellationen und Genres gemeinsam an den Schnittstellen Musik, Performance, Tanz und Sprache. Nach »DREAMS*« (Nürnberg 2022) ist »Drag & Drum« am Ballhaus Ost ihre zweite gemeinsame Arbeit mit dem Performer, Opernsänger, Songwriter und der Drag-Queen Shlomi Moto Wagner aka. Mazy Mazeltov.

Sprache: englisch mit ein bisschen hebräisch

Konzept, Performance:
Heinrich Horwitz, Jonathan Shapiro, Shlomi Moto Wagner
Musik:
Jonathan Shapiro, Shlomi Moto Wagner

Choreografie:
Heinrich Horwitz

Licht:
Rosa Wernecke

Klangregie:
Fine Freiberg

Assistenz:
Lina Gasenzer

Dokumentation
Lara Rodriguez Cruz

Eine Produktion von Shapiro/Horwitz, gefördert von Kulturfunke*. Wiederaufnahme gefördert von Neustart Kultur / Wiederaufnahmeförderung des Fonds Darstellende Künste.

Ballhaus Ost Logo

Mit größter Unterstützung des Ballhaus Osts Berlin

Drag & Drum

Tabori Preis 2023

Tabori © Dorothea TuchHeinrich Horwitz inszeniert mit einem fluiden Kollektiv künstlerische Reflektionen vom nonbinären Sein und der gesellschaftlichen Rolle von Gender und Geschlecht. Sowohl als Regisseur*in wie Performer*in und Choreograf*in – zeitweise alles in einer Produktion – verqueert Heinrich Horwitz Erzählungen, schreibt „Herstories“ anstelle von einer his-story und gestaltet utopische Szenarien, für die Mythen und Traditionen immer wieder den Ausgangspunkt bilden. So wird die Figur der Amazone in „Glauben Sie unbedingt, dass ich eine Amazone bin“ (2020) auf ihre queer-feministische Aktualität hin befragt und in dem aktivistisch-zeremoniellen Umzug „Amazon Rising“ (2021 und 2022) – – durch Berlin Mitte – – in ein Heute transferiert, um sie als Cyberfeministin wieder auferstehen zu lassen. Geschichte und Tradition auf und mit Queerness zu befragen, steht auch bei „DRAG and DRUM” im Fokus. Queerness wird jüdischen Ritualen gegenübergestellt, mit dem Resultat, dass die künstlerische Hinterfragung und die Neuorientierung von gesellschaftlichen Ansichten und Strukturen eine ebenso lustvolle wie herausfordernde Grundlage für Vielfalt und Gleichberechtigung bilden.
Heinrich Horwitz‘ Performances wohnt der Wunsch nach einer Gemeinschaft inne, die Vielfältigkeit feiert und Dissens überwindet. Der Verbindung von Performance, Tanz, Musik mit Aktivismus und gelebten Erfahrungen gelingt es, aus einer marginalisierten Perspektive überraschende, bildstarke Kunst zu kreieren, die bisweilen Formen sprengt und ebenso herausragend, wie singulär in der Szene ist.
Die Fachjury des Fonds Darstellende Künste vergibt die Tabori Auszeichnung 2023, dotiert mit 15.000 Euro, an Heinrich Horwitz.

https://www.fonds-daku.de/events-und-diskurs/tabori-preis/jurybegruendung-tabori-auszeichnung-2023-heinrich-horwitz/
https://www.fonds-daku.de/blog/introducing/

Fotos © Dorothea Tuch

ActOut Berlinale Empfang

2023 haben wir gemeinsam mit der Queer Media Society unseren ersten Empfang organisiert.
Im Foyer der komischen Oper haben wir uns im Rahmen der Berlinale weiter vernetzt und gefeiert.

Thanks to:
Kai S.Piek * QMS * Komische Oper Berlin * Isastrassenfilm * Eva Meckbach * Philipp Leinenbach * Sylvia Mayer * Nicola Langrzik * Jill Weller * Juli Feldmeier * Felix Rank

 

Wir sind hier und wir sind viele!

Wir sind Schauspieler*innen und identifizieren uns unter anderem als lesbisch, schwul, bi, trans*, queer, inter und non-binär.

Bisher konnten wir in unserem Beruf mit unserem Privatleben nicht offen umgehen, ohne dabei berufliche Konsequenzen zu fürchten. Noch zu oft haben viele von uns die Erfahrung gemacht, dass ihnen geraten wurde – sei es von Agent*innen, Caster*innen, Kolleg*innen, Produzent*innen, Redakteur*innen, Regisseur*innen usw. – die eigene sexuelle Orientierung, Identität sowie Gender geheimzuhalten, um unsere Karrieren nicht zu gefährden.

Das ist jetzt vorbei.

Wir gehen nun gemeinsam den Schritt an die Öffentlichkeit, um Sichtbarkeit zu schaffen.

Wir, das sind sowohl Schauspieler*innen, die in der Vergangenheit mutig im Alleingang das Coming-out gewagt haben, als auch die, die sich jetzt dafür entscheiden. Wir sind Nachwuchs, in der Branche Etablierte und nicht Etablierte. Wir sind in einer Zeit aufgewachsen, in der Homosexualität noch unter Strafe stand und wir sind jünger als Elliot Page. Wir kommen vom Dorf, aus der Großstadt, wir sind People of Color, Menschen mit Migrationserfahrung und Menschen mit Behinderung; wir sind keine homogene Gruppe.

Bislang wird behauptet, dass, wenn wir gewisse Facetten unserer Identität, nämlich unsere sexuelle sowie Geschlechtsidentität offenlegten, wir mit einem Mal bestimmte Figuren und Beziehungen nicht mehr darstellen könnten. Als wäre deren Sichtbarkeit unvereinbar mit unserer Fähigkeit, Rollen überzeugend und glaubhaft für das Publikum zu verkörpern.

Diese Unvereinbarkeit gibt es nicht.

Wir sind Schauspieler*innen. Wir müssen nicht sein, was wir spielen. Wir spielen, als wären wir es – das ist unser Beruf.

Wir spielen Ehefrauen und Familienväter, Liebende und Staatsleute, Sympathieträger*innen und Ekel. Und häufig auch Figuren, mit deren Überzeugungen wir privat nie übereinkämen. Dabei können wir Mörder*innen spielen, ohne gemordet zu haben. Wir können Leben retten, ohne Medizin zu studieren. Wir können Menschen mit anderen sexuellen Identitäten spielen, als die, die wir leben. Und wir tun es längst, die ganze Zeit schon, weil es unser Beruf ist.

Darüber hinaus haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt, dass sich die bestehenden Film- und Serien-Sehgewohnheiten erweitern und verändern. Es gibt weitaus mehr Geschichten und Perspektiven als nur die des heterosexuellen weißen Mittelstands, die angeschaut und gefeiert werden. Diversität ist in Deutschland längst gesellschaftlich gelebte Realität. Dieser Fakt spiegelt sich aber noch zu wenig in unseren kulturellen Narrativen wider.
Unsere Gesellschaft ist längst bereit. Die Zuschauer*innen sind bereit.
Unsere Branche soll für ein Miteinander stehen und in ihrer Vielfältigkeit die Gesellschaft abbilden.

Wir übernehmen Verantwortung für ein freies und offenes Zusammenleben und Zusammenarbeiten und solidarisieren uns mit allen Menschen, die Stereotypisierung und Marginalisierung durch Ableismus und Altersdiskriminierung, Antisemitismus, Klassismus, Rassismus und anderen Formen von Diskriminierung ausgesetzt sind. Wir fühlen uns auch mit den Kolleg*innen verbunden, die zu unserem Schritt zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereit sind.

Dies ist zudem ein solidarischer Akt über die Grenzen unserer Branche hinaus und ein Appell an alle, uns zu unterstützen.

Wir freuen uns auf all die neuen Geschichten, die wir gemeinsam darstellen und erzählen können.

© Fotos by beautiful Katja Feldmeier

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